Elisabeth Hildt
Neuro-Enhancement – Ein Überblick
Neuro-Enhancement
rückt zunehmend ins öffentliche Interesse. Gleichzeitig liegen bisher
nur wenige empirische Daten über Wirkungen und Nebenwirkungen sowie die
Verbreitung innerhalb der Gesellschaft vor. Unter dem Schlagwort der
«Selbstgestaltung» spielen Wunschvorstellungen von einem angenehmeren,
erfolgreicheren oder zufriedenstellenden Leben in der Diskussion eine
gewichtige Rolle, mögliche problematische Auswirkungen werden jedoch
leicht übersehen. Der folgende Beitrag arbeitet die komplexen
Zusammenhänge in individueller, gesellschaftlicher und ethischer
Hinsicht heraus und plädiert für eine an empirischen Daten ausgerichtete
breite gesellschaftliche Diskussion über Sinn und Unsinn von
Neuro-Enhancement.
Ferenc Biedermann
«Smart Drugs» vor dem gesellschaftlichen Durchbruch?
Noch
stösst die Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit mittels
Psychopharmaka in weiten Teilen der Bevölkerung auf grosse Skepsis. Doch
vor dem Hintergrund der marktwirtschaftlich zugespitzten sozialen
Konkurrenzsituation könnten die so genannten «Smart Drugs» bald schon
eine Umdeutung erfahren. Ein soziologischer Erkundungsgang im Grenzland
zwischen Realität und Science-Fiction.
Michel Anner
Enhancement: jenseits von rechtlichen Bestimmungen
Die rechtlichen Aspekte des Enhancements sind bis anhin bei der
Diskussion um die medizinische Verbesserung des Menschen kaum besprochen
worden. Somit erstaunt es nicht, dass die Beurteilung momentan schwer
fällt, auch weil keine rechtliche Definition des Begriffs Enhancement
existiert.
Boris B. Quednow
Neurophysiologie des Neuro-Enhancements: Möglichkeiten und Grenzen
Die
verbreitete Vorstellung, neue Psychopharmaka könnten die kognitive
Leistungsfähigkeit bald nebenwirkungsarm und bei jedermann steigern,
hält einer näheren Überprüfung nicht stand. Wie die meisten
Psychopharmaka setzen auch zahlreiche Neuro-Enhancer an der chemischen
Signalübertragung zwischen den Nervenzellen an. Diese gehorcht
bestimmten Gesetzen, die sich auch in Zukunft nicht aushebeln lassen.
Bislang stehen keine effektiven Substanzen zur Verbesserung der
intellektuellen Leistungsfähigkeit bei Gesunden zur Verfügung und dies
wird sich in absehbarer Zeit auch kaum ändern, da das gesunde
menschliche Gehirn bereits weitgehend optimal austariert zu sein
scheint.
Zur Leseprobe
Bastian Fatke, Hans Förstl
Pharmakologie und Suchtpotential von Neuro-Enhancern
Eine
breite Vielfalt an Wirkstoffen wird bereits jetzt oder voraussichtlich
zukünftig als Neuro-Enhancer eingesetzt. Obwohl es bislang kaum Hinweise
auf ein Suchtpotential dieser Substanzen gibt, sollten sie mit Bedacht
und in Kenntnis ihrer pharmakologischen Wirkungen eingesetzt werden.
Katrin Krämer
Doping am Arbeitsplatz
In
Deutschland helfen etwa 540’000 Berufstätige in der Altersgruppe der
20- bis 50-Jährigen gezielt mit aufputschenden,
konzentrationssteigernden oder beruhigenden Arzneien nach, um
Aufmerksamkeit, Ausdauer und Stressresistenz am Arbeitsplatz zu
steigern. Dies zeigt der Gesundheitsreport 2009 der Deutschen
Angestellten-Krankenkasse DAK.
Jörg Auf dem Hövel
Pillen für den besseren Menschen: Versprechen und subjektive Wirkung
Pharmakologisches «Neuro-Enhancement» verspricht, dem Geist auf die
Sprünge zu helfen, aufmerksamer, kreativer und merkfähiger zu machen.
Die wissenschaftliche Forschung und subjektive Erfahrungsberichte
sprechen aber dagegen, dass der Schlüssel zur kognitiven Optimierung
gefunden wurde. Zukünftig dürfte es klüger sein, primär die sozialen und
ökonomischen Kräfte zu analysieren, denen aus der Enhancement-Debatte
Vorteile erwachsen.
Michael Soyka
Neuro-Enhancement aus suchtmedizinischer Sicht
Neuro-Enhancement ist ein neues Forschungsgebiet. Dem möglichen Nutzen
(Verbesserung der Leistungsfähigkeit bei Gesunden) stehen erhebliche
Risiken hinsichtlich psychiatrischer Folgeschäden und eines
Suchtpotenzials entgegen. Diskutiert wird aktuell vor allem der Einsatz
von Psychostimulanzien vom Typ Ritalin und Modafinil.
Interviewer: Georg Valerius
«Ritalin liess mich funktionieren»
«Ritalin war für mich immer ein Mittel, das mich funktionieren liess.
Vor allem zur Nachbereitung von Unterrichtsstunden oder zur Vorbereitung
auf Prüfungen. Ritalin hielt mich wach, stellte körperliche Bedürfnisse
in den Hintergrund und half vor allem dabei, Motivation zu finden.»
Stephan Schleim
Risiken und Nebenwirkungen der Enhancement-Debatte
In der aktuellen Diskussion werden Verbreitung und Effektivität des
Enhancement oft über-, Risiken hingegen untertrieben. In diesem
Kommentar möchte ich unterstreichen, wie wichtig eine korrekte
Darstellung ist, zu der das SuchtMagazin einen entscheidenden Beitrag
liefert.