David Lätsch
Sucht im Kindes- und Erwachsenenschutz
Sucht kann die Selbstbestimmung von Menschen untergraben und dazu beitragen, dass Betroffene sich und andere gefährden. Der zivilrechtliche Kindes- und Erwachsenenschutz hat die Mittel, um sich entschieden für gefährdete Kinder, Jugendliche und Erwachsene einzusetzen, im Notfall auch gegen Widerstände. Doch sein präventiver Auftrag ist begrenzt, und die Wirksamkeit seiner Massnahmen ist bisher zu wenig untersucht.
Fachgespräch mit Karin Stoop, Bettina Cavegn, Patrick Fassbind
Es geht nicht um Zwang, sondern es geht um Hilfe und Unterstützung!
Wie geht das professionelle Hilfesystem mit Gefährdungssituationen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne Suchterkrankung um? Welche Prozesse sind mit der Einreichung einer Gefährdungsmeldung verbunden? Drei Expert:innen aus den Fachbereichen des Kindes- und Erwachsenenschutzes sowie der Suchtarbeit diskutieren das Zusammenspiel zwischen Zwangsmassnahmen, Hilfestellung und Beziehungsarbeit. Dabei zeigt sich, dass es in erster Linie Respekt, eine gute interinstitutionelle Zusammenarbeit sowie genügend Ressourcen braucht, um die Betroffenen und ihr soziales Umfeld bestmöglich zu unterstützen.
Carlo Fabian, Pascal Lienert, Andrea Zumbrunn
«Gefährdung» im Kontext von Früherkennung und Frühintervention
In den Konzepten und Leitpapieren zu Früherkennung und Frühintervention (F+F) wird häufig mit den Begriffen «Gefährdung», «gefährdete Personen» oder «Gefährdungseinschätzung» gearbeitet. Diese Begriffe werden aber kaum definiert, ausser, dass sie einen Bezug zur Gesundheit oder gesundheitlichen Entwicklung haben. Eine Klärung dieser Begrifflichkeiten hilft, den Ansatz der F+F besser zu fassen und eine griffigere Grundlage für die Praxis in den F+F-Prozessen zu schaffen. Das im Artikel diskutierte multifaktorielle Modell zur F+F von Infodrog kann hier eine gute Unterstützung sein.
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Stephanie Stucki, Sandra Bärtschi
Gefährdung, Meldung und F+F bei jungen Menschen: Passt das zusammen?
Mit dem Ziel, die Früherkennung und Frühintervention bei suchtgefährdeten Kindern und Jugendlichen zu stärken, wurde 2011 in der Schweiz ein neuer Artikel zur Meldebefugnis im Betäubungsmittelgesetz geschaffen. Rund ein Jahrzehnt später zeigt die Analyse von Infodrog, dass mit dieser Gesetzesvorlage bzw. den dafür geschaffenen kantonalen Stellen vulnerable oder gar gefährdete Jugendliche mehrheitlich nicht erreicht werden. Für die Zukunft sollte daher der Aufbau von niederschwelligen Beratungs- und Unterstützungsangeboten im Zentrum stehen, um die Betroffenen im Sinne des F+F-Ansatzes in ihrer Entwicklung frühzeitig unterstützen zu können.
Ruth Baumann-Hölzle
Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen – zwischen Freiheit, Fürsorge und Zwang
Menschen mit einem Suchtverhalten leiden an einer Abhängigkeitserkrankung und haben die Fähigkeit zur Selbststeuerung und die Urteilsfähigkeit gegenüber einem bestimmten Suchtmittel oder Verhalten verloren. Gleichwohlwerden sie von der Gesellschaft für ihre Suchterkrankung verantwortlich gemacht und oft moralisch verurteilt. Es ist rational nicht nachvollziehbar, warum Suchterkrankte anders behandelt werden sollen als Menschen mit anderen Erkrankungen. Es ist gerade die Eigenheit der Suchterkrankung, dass die Sucht stärker ist als der Patientenwille. Suchterkrankungen, ihre Entstehung und ihr Verlauf werden zudem stark von psycho-sozialen Rahmenbedingungen beeinflusst und haben stets auch gesellschaftliche Komponenten.
Heino Stöver, Daniel Deimel
Der Reiz der Gefahr – zwischen Risikolust und Kontrolle
«Sensation Seeking», Nervenkitzel, (Adrenalin-)Kicks, «Komasaufen» – scheinbar sinnloses Eingehen von Risiken und Auferlegung von Belastungen und Stress – aber was steckt eigentlich dahinter? Wieso gehen Menschen überhaupt Gefährdungen ein und geniessen es ihrem Körper Stress auszusetzen? Die folgenden Überlegungen bieten Erklärungsversuche und zeigen, dass Risiken einzugehen nicht nur Sinn machen kann, sondern auch funktional ist – bezogen auf die spezifische Situation, der jeweiligen Lebenslage oder im biografischen Verlauf.
Fazit. ForschungsSpiegel von Sucht Schweiz
HBSC-Studie 2022: Substanzkonsum und Onlineverhalten der 11- bis 15-Jährigen in der Schweiz
Wie hat sich der Alkoholkonsum in den letzten Jahren unter den Schweizer Teenagern entwickelt? Und der Konsum der immer breiteren Palette an Tabak- und Nikotinprodukten? Ist der Medikamenten-Mischkonsum weitverbreitet? Wurde das illegale Cannabis durch CBD-Produkte verdrängt? Und wie steht es mit potenziell suchtgenerierendem Online-Verhalten? Auf solche Fragen geht die internationale Schüler:innenstudie «Health Behaviour in School-aged Children» (HBSC) unter den 11- bis 15-Jährigen ein.