SuchtMagazin Nr. 5/2023

Gefährdung und Sucht

Die Einschätzung von Gefährdungssituationen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne Suchtrisiken sind für Fachpersonen der Sozial- und Suchtarbeit mit gesetzlichen, fachlichen sowie ethischen Herausforderungen verbunden. In verschiedenen Beiträgen wird der Umgang des professionellen Hilfesystems mit «Gefährdung und Sucht» aufgezeigt. Dabei wird deutlich, dass der Einbezug der Betroffenen, die fallbezogene Analyse der Risiko- und Schutzfaktoren, eine gute interinstitutionelle Zusammenarbeit sowie die Schaffung von niederschwelligen Beratungsangeboten grundlegend sind, um bedarfsgerecht unterstützen zu können.

Artikel in dieser Ausgabe

Sucht im Kindes- und Erwachsenenschutz

Sucht kann die Selbstbestimmung von Menschen untergraben und dazu beitragen, dass Betroffene sich und andere gefährden. Der zivilrechtliche Kindes- und Erwachsenenschutz hat die Mittel, um sich entschieden für gefährdete Kinder, Jugendliche und Erwachsene einzusetzen, im Notfall auch gegen Widerstände. Doch sein präventiver Auftrag ist begrenzt, und die Wirksamkeit seiner Massnahmen ist bisher zu wenig untersucht.

Es geht nicht um Zwang, sondern es geht um Hilfe und Unterstützung!

Wie geht das professionelle Hilfesystem mit Gefährdungssituationen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne Suchterkrankung um? Welche Prozesse sind mit der Einreichung einer Gefährdungsmeldung verbunden? Drei Expert:innen aus den Fachbereichen des Kindes- und Erwachsenenschutzes sowie der Suchtarbeit diskutieren das Zusammenspiel zwischen Zwangsmassnahmen, Hilfestellung und Beziehungsarbeit. Dabei zeigt sich, dass es in erster Linie Respekt, eine gute interinstitutionelle Zusammenarbeit sowie genügend Ressourcen braucht, um die Betroffenen und ihr soziales Umfeld bestmöglich zu unterstützen.

«Gefährdung» im Kontext von Früherkennung und Frühintervention

In den Konzepten und Leitpapieren zu Früherkennung und Frühintervention (F+F) wird häufig mit den Begriffen «Gefährdung», «gefährdete Personen» oder «Gefährdungseinschätzung» gearbeitet. Diese Begriffe werden aber kaum definiert, ausser, dass sie einen Bezug zur Gesundheit oder gesundheitlichen Entwicklung haben. Eine Klärung dieser Begrifflichkeiten hilft, den Ansatz der F+F besser zu fassen und eine griffigere Grundlage für die Praxis in den F+F-Prozessen zu schaffen. Das im Artikel diskutierte multifaktorielle Modell zur F+F von Infodrog kann hier eine gute Unterstützung sein.

Zur Leseprobe

Gefährdung, Meldung und F+F bei jungen Menschen: Passt das zusammen?

Mit dem Ziel, die Früherkennung und Frühintervention bei suchtgefährdeten Kindern und Jugendlichen zu stärken, wurde 2011 in der Schweiz ein neuer Artikel zur Meldebefugnis im Betäubungsmittelgesetz geschaffen. Rund ein Jahrzehnt später zeigt die Analyse von Infodrog, dass mit dieser Gesetzesvorlage bzw. den dafür geschaffenen kantonalen Stellen vulnerable oder gar gefährdete Jugendliche mehrheitlich nicht erreicht werden. Für die Zukunft sollte daher der Aufbau von niederschwelligen Beratungs- und Unterstützungsangeboten im Zentrum stehen, um die Betroffenen im Sinne des F+F-Ansatzes in ihrer Entwicklung frühzeitig unterstützen zu können.

Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen – zwischen Freiheit, Fürsorge und Zwang

Menschen mit einem Suchtverhalten leiden an einer Abhängigkeitserkrankung und haben die Fähigkeit zur Selbststeuerung und die Urteilsfähigkeit gegenüber einem bestimmten Suchtmittel oder Verhalten verloren. Gleichwohlwerden sie von der Gesellschaft für ihre Suchterkrankung verantwortlich gemacht und oft moralisch verurteilt. Es ist rational nicht nachvollziehbar, warum Suchterkrankte anders behandelt werden sollen als Menschen mit anderen Erkrankungen. Es ist gerade die Eigenheit der Suchterkrankung, dass die Sucht stärker ist als der Patientenwille. Suchterkrankungen, ihre Entstehung und ihr Verlauf werden zudem stark von psycho-sozialen Rahmenbedingungen beeinflusst und haben stets auch gesellschaftliche Komponenten.

Der Reiz der Gefahr – zwischen Risikolust und Kontrolle

«Sensation Seeking», Nervenkitzel, (Adrenalin-)Kicks, «Komasaufen» – scheinbar sinnloses Eingehen von Risiken und Auferlegung von Belastungen und Stress – aber was steckt eigentlich dahinter? Wieso gehen Menschen überhaupt Gefährdungen ein und geniessen es ihrem Körper Stress auszusetzen? Die folgenden Überlegungen bieten Erklärungsversuche und zeigen, dass Risiken einzugehen nicht nur Sinn machen kann, sondern auch funktional ist – bezogen auf die spezifische Situation, der jeweiligen Lebenslage oder im biografischen Verlauf.

HBSC-Studie 2022: Substanzkonsum und Onlineverhalten der 11- bis 15-Jährigen in der Schweiz

Wie hat sich der Alkoholkonsum in den letzten Jahren unter den Schweizer Teenagern entwickelt? Und der Konsum der immer breiteren Palette an Tabak- und Nikotinprodukten? Ist der Medikamenten-Mischkonsum weitverbreitet? Wurde das illegale Cannabis durch CBD-Produkte verdrängt? Und wie steht es mit potenziell suchtgenerierendem Online-Verhalten? Auf solche Fragen geht die internationale Schüler:innenstudie «Health Behaviour in School-aged Children» (HBSC) unter den 11- bis 15-Jährigen ein.

Bilder dieser Ausgabe

Eleni Kougionis, geboren 1988, ist eine Schweizer Fotografin, wohnhaft in Münchenstein und im Bereich Porträt- und Dokumentarfotografie tätig. Nach der Lehre als Polygrafin studierte sie Redaktionelle Fotografie am MAZ. Heute arbeitet sie als freischaffende Fotografin und realisiert eigene Projekte. Ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet.

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