SuchtMagazin Nr. 1/2017

Freizeit

Geschichte der Freizeit | Freizeit und soziale Ungleichheit | Alltagspharmakologie in der Frühen Neuzeit | Substanzkonsum in der Freizeit | Freizeitbilder in der Werbung | Entwicklung von Freiräumen mit Kindern | Jugendarbeit als Ort der Freizeitgestaltung | Nights 2016 Berlin: Stadt nach Acht | Fazit. Forschungsspiegel

Artikel in dieser Ausgabe

Geschichte und Soziologie der Freizeit – Eine Einführung

Freizeit scheint ein modernes Phänomen zu sein, hat aber bereits eine lange Geschichte. Ursprünglich war Freizeit ein Gegensatz zur Arbeit, heute ist Freizeit eine eigene Sphäre mit erheblicher Dynamik und ein expansiver Markt. Zeithaben und Zeitgeben sind zentrale gesellschaftliche Dimensionen, woraus sich in Zeiten der Beschleunigung und Individualisierung erhebliche Probleme und Chancen ergeben.

Freizeit und soziale Ungleichheit

Freizeit wird häufig mit Freiheit und Unabhängigkeit gleichgesetzt. Sowohl der Umfang an frei verfügbarer Zeit als auch die Ausübung konkreter Freizeitaktivitäten werden aber durch soziale Ungleichheiten wie das Einkommen, den Bildungsstatus oder das Geschlecht mitbestimmt. Dabei existiert keine strikte und eindeutige Abhängigkeitsbeziehung zwischen Ungleichheit und Freizeit. Vielmehr wirken Ungleichheiten in komplexer und teilweise widersprüchlicher Weise auf das Freizeitverhalten.

Zur Revolution der Alltagspharmakologie in der Frühen Neuzeit

In der modernen Arbeitswelt wurden Alkohol und Nikotin durch Kampagnen und Verbote vermehrt in die Freizeit ausgelagert. Um dem Arbeitsdruck standzuhalten, wird heute zu Neuroenhancern gegriffen. Seit der frühen Neuzeit hat sich ein verändertes Trinkverhalten etabliert. Herrschten im Mittelalter noch kollektive Trinkrituale vor, bei denen Alkohol das Mittel war, um das soziale Gefüge zu stärken, wurde er seit dem 17./18. Jh. privatisiert. Versteckte, heimliche Räusche bergen aber das Risiko unkontrollierter Exzesse. Alkohol braucht Rituale, sonst wird die Gratwanderung zwischen Genuss und Rausch schwieriger.

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Substanzkonsum in der Freizeit

Das Glas Wein beim Essen, der Joint beim Chillen, die MDMA-Pille auf der Party. Der Konsum von legalen und illegalen psychoaktiven Substanzen basiert meist auf hedonistischen Motiven und erfolgt hauptsächlich in der Freizeit. Die damit verbundenen Risiken und möglichen negativen Erlebnisse werden in Kauf genommen, nur wenige Personen leben abstinent. Spezialisierte Informations- und Beratungsangebote im Freizeitsetting sind wichtig, um einen selbstbestimmten Umgang mit psychoaktiven Substanzen zu fördern und den Zugang zur Behandlung im Bedarfsfall zu vereinfachen.

Freizeitbilder in der Fernsehwerbung

Die Analyse von Werbeclips eröffnet Einblicke in gesellschaftliche Wünsche, Hoffnungen und Ängste bezüglich der Ausgestaltung von freier Zeit. Werbung für Genussmittel wie Kaffee, Süsswaren oder Bier zeigt, wie Freizeit im Werbefilm inszeniert wird: Hier werden Arbeitszeiten verkürzt, Pausen ermöglicht, Freizeit wird zum Ausdrucksmittel eines Lebensstils und andere Welten bieten sich zum Abtauchen an.

Partizipative Entwicklung von Freiräumen mit Kindern

Freiräume sind bedeutende Begegnungs- und Naherholungsräume für den Alltag und die Freizeit, namentlich auch für Kinder. Die partizipative Entwicklung dieser Freiräume hat nicht nur eine zentrale Bedeutung für deren Akzeptanz, Identifikation und Nutzung, sondern kann entscheidend zur Stärkung und Förderung der gesundheitsrelevanten Faktoren Empowerment und Autonomie, Selbstwirksamkeit, Attribution und Kontrollüberzeugungen sowie Kohärenzgefühl beitragen.

Offene Jugendarbeit als Ort der Freizeit- und Lebensgestaltung

Jugendliche finden in der Offenen Jugendarbeit Gelegenheiten für vielfältige Bildungs- und Beteiligungsprozesse, welche ihnen im Alltag sonst häufig fehlen. Eine zentrale Rolle spielen dabei die in der Offenen Jugendarbeit tätigen Fachpersonen: Sie regen pädagogische Selbstbildungsprozesse an, eröffnen Räume zum Experimentieren und fördern die kritische Auseinandersetzung der Jugendlichen mit sich und ihrer Lebenswelt.

NIGHTS 2016 Berlin – Stadt nach Acht

Vom 24. bis 26. November 2016 haben Akteure aus Nachtleben, Schadensminderung, Forschung und Stadtplanung an einer Fachtagung in Berlin mit rund 600 TeilnehmerInnen über bewährte und neue Ansätze zur Gewährleistung von Gesundheit und Sicherheit im Nachtleben diskutiert. Das Fazit der Konferenz war, dass die Entwicklung von Freiräumen durch Subkultur zugelassen werden soll, solange die Rahmenbedingungen eingehalten werden. Dies erfordert eine akzeptanzorientierte Haltung aller Akteure sowie deren interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Doppelt gemoppelt: Erkenntnisse zum Vorglühen in der Schweiz

Apéros sind kein neues Phänomen, allerdings ist das sog. Vorglühen bei Jugendlichen in den letzten Jahren verstärkt in Mode gekommen. Kürzlich publizierte Studien betrachten das Phänomen in der Schweiz und kommen zum Schluss, dass das Trinken vor dem Ausgang den Konsum generell erhöht und nicht – wie eigentlich von den Konsumierenden erhofft – mit weniger Ausgaben einhergeht, im Gegenteil.

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