Roland Reichenbach
Bildung, Kompetenz und «soft skills»: Eine kritische Reflexion
Die Kompetenzorientierung dominiert mittlerweile jeden Bereich der Pädagogik, Bildung und Ausbildung. Das im Zentrum stehende Konzept der Kompetenz ist allerdings umstrittener als vielleicht gemeinhin geglaubt wird. Dass mit dem Kompetenzkonzept die (nicht minder problematische) Idee der Bildung ersetzt werden könne, ist sicher ein weit verbreiteter Irrtum. Allerdings ist es von Bedeutung, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede von «Kompetenz» und «Bildung» kontrastiert werden können. Speziell für den Bereich der sogenannten Sozial- und Selbstkompetenzen, die meist als sogenannte «soft skills» vorgestellt werden, zeigt sich, wie aufgebläht und kaum kritisch reflektiert die heute pädagogisch relevanten Diskurse sein können.
Dirk Baecker
Suchtverhalten zwischen Rationalität und Irrationalität
Der Artikel beschreibt Suchtverhalten als rationales Verhalten, das sich nur in den Konsequenzen vom rationalen Verhalten von Konsumenten, Arbeitnehmern und Unternehmern unterscheidet. Die Rationalität im Umgang mit Real-, Human- und Sozialkapital, die auch den Süchtigen kennzeichnet, ist zugleich eine kulturelle Kompetenz. Irrational wird es erst, wenn auf die Reflexion dieser Kompetenz verzichtet wird. Denn dann glaubt man, aus der spezifischen Kompetenz des Süchtigen aussteigen zu müssen, wenn man aus der Sucht aussteigen will. Tatsächlich jedoch muss man reflektierend und damit differenzierend in sie einsteigen.
Thomas Hengartner
Konsum als kulturelle Praxis
Der Beitrag ist ein Plädoyer für ein Verständnis, den Konsum von abhängig machenden Substanzen nicht nur als kulturelle, vielfach gerahmte und geformte Praxis, sondern als kulturelle Kompetenz zu verstehen: als bewussten oder zumindest akzeptierten Umgang auch mit den Risiken und Nebenwirkungen kulturellen (Sucht-)Handelns.
Toni Berthel, Silvia Gallego
Mässigung: Das elfte Gebot
Rausch und Konsumkompetenz schliessen sich gegenseitig aus. Verlangt Konsumkompetenz nach Vernunft und Mässigung, ist der Rausch Exzess und Masslosigkeit. Kompetenzorientierung und Mässigung reihen sich nahtlos ein in die aktuelle Hochkonjunktur des libertären Paternalismus. Wollen wir, dass alle in unserer Gesellschaft von den positiven Wirkungen von Rausch profitieren können, müssen wir diese Konzepte überdenken und neue Handlungsoptionen zulassen.
Iwan Reinhard, Lukas Vögeli
Konsumkompetenz – Denkanstösse für Politik und Praxis
Substanzbezogenes Wissen, Krisenbewältigungsstrategien, Risikobewusstsein: Worin besteht genau Konsumkompetenz? Und welchen Einfluss haben kulturelle Normen und das Konsumangebot? Ausgehend von den Beiträgen der SuchtAkademie 2013 hat die Expertengruppe Weiterbildung Sucht EWS den Begriff der Konsumkompetenz konzeptualisiert und acht Anregungen formuliert, wie individuelle Konsumkompetenzen, aber auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen gefördert werden können, die ein kompetentes Konsumverhalten unterstützen.
Sandro Cattacin, Anne Philibert
Cannabisvereine? Ein Vorschlag aus Genf
Nach zweijähriger Arbeit stellte eine überparteiliche Genfer Arbeitsgruppe im Dezember 2013 ein Modell zur Regulierung der Produktion und des Konsums von Cannabis vor. Sie setzt sich für die Schaffung von Vereinigungen für Cannabiskonsumierende ein. Diese Vereinsidee orientiert sich teilweise an den «Cannabis Social Clubs», wie sie seit mehreren Jahren in gewissen Regionen Spaniens toleriert werden. Welches die Hintergründe dieser Idee sind und wo der Prozess in Genf steckt, wird in diesem Beitrag kurz beschrieben.
Klaus Farin
Jugendkulturen und Rausch
Jugendkulturen sind Rauschkulturen. Es geht in ihnen um Musik, Freundschaft, Kreativität und die Suche nach dem Kick. Um Grenzüberschreitungen. Dabei konsumieren Jugendliche auch legale und illegalisierte Rauschmittel. Und dies macht aus ihrer Perspektive auch Sinn. Verbote und moralische Zeigefinger werden daran nichts ändern. Respekt und die Stärkung von Selbstverantwortung und Konsumkompetenz sind hier gefragt.
Zur Leseprobe
Silvia Gallego
Vom Leben und der Lust
Rauscherleben, positiv. Heiter, belustigt, für alles offen. Frei, locker, unabhängig, geniesserisch, hemmungslos, lässig, gleichgültig, aufnahmefähig. Eine Annäherung zwischen Himmel und Erde mit Zitaten grosser Weltliteraten und gross werdender GymnasiastInnen.
Urs Rohr
risflecting in der Suchtprävention: Schwimmen lernt man im Wasser
Ohne die Bereitschaft zu gewissen Risiken ist Lernen und Entwicklung unmöglich. Eine Entwicklungsaufgabe von (nicht nur jungen) Menschen ist es, einen nicht gesundheitsschädlichen sondern bereichernden Umgang mit Risikosituationen und Rauscherlebnissen zu erlernen. Mit risflecting® wird seit über zehn Jahren ein Ansatz zur Förderung der Rausch- und Risikobalance in die Praxis umgesetzt und weiter entwickelt. Nebst innovativen Projekten im Sportbereich und in der Jugendarbeit wird der Ansatz auch im Umgang mit Substanzen angewendet.
Angela Fessler
Rausch, Ritual und Körper
Sandy modifiziert ihren Körper. Sie trifft sich mit anderen, um temporäre Piercings durch die Haut zu treiben und sich in ausseralltägliche Körperpositionen zu begeben. Über den Rausch der Körperveränderung und individuelle Rituale.
Fazit. ForschungsSpiegel von Sucht Schweiz
Umstände, die zum exzessiven Alkoholkonsum junger Erwachsener beitragen: Eine Literaturübersicht und Schlussfolgerungen für die Prävention
Episodisch risikoreicher Konsum von Alkohol ist in keinem Lebensabschnitt so verbreitet wie im Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter. Anhand der internationalen Literatur und Daten aus der Schweiz werden die Umstände dieses Verhaltens in einem Lebensabschnitt analysiert, in welchem auf der einen Seite keine Abgabebeschränkungen in Bezug auf alkoholische Getränke mehr bestehen, auf der anderen Seite jedoch die für das Erwachsenenalter typische Verantwortung, etwa für Beruf, Partnerschaft und Familie oftmals noch nicht lebensbestimmend ist. Als Massnahme wird empfohlen, sowohl die Verfügbarkeit von alkoholischen Getränken am Abend einzuschränken als auch Schadensminderung zu fördern.