Martin Hafen
Selbstoptimierung als Ausdruck der Leistungsgesellschaft
Die moderne Gesellschaft basiert auf den Prinzipien der Aufklärung: der Freiheit, der Gleichheit und der Brüderlichkeit. Diese Prinzipien sollen es den Individuen ermöglichen, sich durch Leistung eine gute gesellschaftliche Position zu erarbeiten. Dieses Versprechen wird bis heute für viele Menschen nur ansatzweise eingelöst. Noch immer beeinflussen die Herkunftsbedingungen, die Hautfarbe, das Geschlecht und andere personale Faktoren die individuellen Inklusionsmöglichkeiten. Die unterschiedlichen, teilweise schädlichen Formen der Selbstoptimierung können als Versuch gesehen werden, die eigene Position im Wettbewerb um die knapp bemessenen Inklusionschancen zu verbessern.
Michael Klein
«In the Mood»: Theorie und Praxis des Mood Managements
Stets guter Stimmung zu sein, ist für Menschen zu einer zentralen Anforderung im postmodernen Alltag geworden. Dabei sind Stimmungen ein komplexes psychologisches Phänomen aus Emotionen und physischen Befindlichkeiten, die Menschen permanent vor allem durch Ernährung, Alltagstätigkeiten, Kognitionen und Substanzkonsum selbst beeinflussen. Stimmungen sind in der Regel länger andauernd, nur teilweise bewusst und nicht abrupt veränderbar. Bei Problemen oder Unzufriedenheit mit der Stimmungslage können Mood-Stabilizer bei Gesunden zur Stimmungsverbesserung missbraucht werden. Suchthilfe sollte positive Stimmungsbeeinflussung durch Achtsamkeit und Sport präventiv trainieren.
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Gespräch mit Laurel, Benedikt und Jürg
«Man fühlt sich wie ein warmes Kissen»
In den letzten Monaten rückte der Mischkonsum von Medikamenten unter Jugendlichen in den medialen Fokus. Sucht-ExpertInnen warnen vor einer Zunahme dieses gefährlichen Phänomens sowie vor den damit verbundenen Risiken für die heranwachsende Generation. Im nachfolgenden Gespräch erfolgt nun ein Perspektivenwechsel, in dem drei Jugendliche zu Wort kommen, die sich offen über ihre eigenen Konsumerfahrungen mit Medikamenten, über ihr Risikobewusstsein sowie über ihre Erwartungen an eine zeitgemässe Suchtprävention austauschen.
Nadja Springer, Lisa Wessely
Selbstoptimierung: Perspektiven der Suchthilfe und Suchtprävention
Neben dem Konsum psychoaktiver Substanzen im Sinne des Neuro-Enhancement führt der Wunsch, das Leben möglichst gut zu meistern und den Anforderungen gerecht zu werden, in vielen Lebensbereichen zu einem so genannten Soft-Enhancement. Ein Ziel der Suchtprävention und der Suchtbehandlung ist das Vermitteln eines Verständnisses zur guten Alltagsbewältigung, womit ein Beitrag zur Stärkung der Lebenskompetenzen, der Selbstwirksamkeit und des Selbstwerts geleistet wird.
Roman Gähwiler
Doping im Sport – die andere Pandemie
Die artifizielle Leistungssteigerung im Sport ist kein Phänomen der Moderne. In der Leistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts migriert die medizinische Problematik des «Dopings» jedoch zusehends aus dem Scheinwerferlicht des Leistungs- in die Anonymität des Breitensports. Dabei generieren hauptsächlich Präparate wie anabole androgene Steroide medizinisch, philosophisch, soziologisch und juristisch relevante Problemfelder. Eine nachhaltige Lösungsstrategie sollte deshalb die Suchtprävention und insbesondere sportmedizinisch geschultes Fachpersonal in die Pflicht nehmen.
Hasso Spode
Mässigkeitsbewegungen – Wahrnehmung und Bewertung des Alkohols im Wandel des «Zeitgeists»
«Wer sich mit dem Zeitgeist verheiratet, ist morgen verwitwet». Schopenhauers bissige Bemerkung hätte auch auf die empirische Alkoholforschung gemünzt sein können. Ihre Fragestellungen und somit auch ihre Resultate basieren auf ethischen und anderen soziokulturellen Vorgaben, die selbstredend weder unumstritten noch konstant sind. Die Historizität und die Werthaltigkeit der Forschung bleiben jedoch unreflektiert, werden sogar mit dem rhetorischen Anspruch auf «Objektivität» verschleiert. Licht in diese Zusammenhänge bringt der Blick auf die Strukturen und Zyklen des Alkoholwissens, bei dem sich in der Moderne «hedonistische» und «asketische» Phasen abwechselten.
Fazit. ForschungsSpiegel von Sucht Schweiz
Geschwister von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit problematischem Suchtmittelkonsum – Folgen und Hilfsangebote
Die Suchtprävention und die Ärzteschaft achten vermehrt auf die Angehörigen suchtkranker Menschen – insbesondere Partner, Kinder und Eltern –, aber noch kaum auf die Geschwister. Diese leiden speziell im Kindesalter darunter, mit einem suchtkranken Jugendlichen unter einem Dach zu leben. Ihre Lage wird aber kaum wahrgenommen. Dieser Fazit-Artikel legt einen Fokus auf die Situation der betroffenen Geschwister, die Folgen für ihre Entwicklung und die neu entstandenen Unterstützungsmöglichkeiten.