SuchtMagazin Nr. 1/2023

Stigma­tisierung und Diskrimi­nierung

Das aktuelle SuchtMagazin thematisiert die gravierenden Folgen von Stigmatisierungs- und Diskriminierungsprozessen für Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung und deren Umfeld. Verschiedene Beiträge widmen sich u. a. den verstärkten Vorurteilen gegenüber Frauen mit einer Suchterkrankung, der Stigmatisierung im Kontext des professionellen Hilfesystems sowie der Frage, wie Diskriminierungen in der Suchtprävention überwunden werden können. Zudem stellt ein weiterer Artikel mögliche Strategien für eine stigmafreie Haltung in der Gesellschaft vor und ein Beitrag präsentiert die Sicht einer betroffenen Person.

Artikel in dieser Ausgabe

Stigmatisierung von Menschen mit Suchterkrankungen

Stigmatisierung vergrössert die Last von Suchterkrankungen für die Betroffenen. Sie werden in eine Schublade gesteckt, mit der negative Eigenschaften verbunden sind, als andersartig abgewertet und erleben Diskriminierungen.Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über diesen wichtigen Aspekt, der oft als «die zweite Erkrankung» bezeichnet wird. Es werden Definition, Arten, Ursachen, Auswirkungen und Möglichkeiten zum Abbau von Stigmatisierung beschrieben.

Werden drogenkonsumierende Menschen stigmatisiert – insbesondere vom Fachpersonal?

Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen sind zahlreichen Vorurteilen ausgesetzt. In einer Studie wurden Fachpersonen von Akutspitälern und Behörden sowie Patient:innen eines Ambulatoriums der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel befragt, wie Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung Stigmatisierung im Kontakt mit sozialen Institutionen, Krankenhäusern und Behörden wahrnehmen. Über 70 % der befragten Patient:innen fühlen sich aufgrund ihrer Abhängigkeitserkrankung stigmatisiert. Je mehr Betroffene Stigmatisierungen durch ihr psychosoziales Hilfesystem erfahren, desto weniger nehmen sie Unterstützungsangebote an.

Zur Leseprobe

Sucht, Sex, Schwangerschaft, Mutterschaft: zur Stigmatisierung von süchtigen Frauen

Frauen mit Substanzkonsumstörungen müssen mit vielen Vorurteilen sowohl im Alltag als auch von Expert:innen der medizinischen und psychosozialen Berufe rechnen. Die negativen Urteile treffen Frauen mit Suchtproblemen allgemein, verstärkt jedoch diejenigen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten. Noch stärker sind die Vorurteile und Ablehnungen gegenüber Frauen mit Substanzkonsumstörungen, die schwanger sind oder mit kleinen Kindern zusammenleben. Daher ist es wichtig, Fachkräften in den Referenzwissenschaften in Lehrveranstaltungen die Hintergründe von Substanzkonsumstörungen bei Frauen zu vermitteln sowie ganz gezielt Vorurteile abzubauen.

Stigmatisierung in der Suchtprävention erkennen und überwinden

Suchtprävention und Stigmatisierung sind grundlegend miteinander verbunden. Begrifflich mit dem Sucht-Stigma behaftet, steht die Suchtprävention in einer Tradition, in der Stigmatisierung billigend in Kauf genommen wird. Dahersollten sich Fachleute der Suchtprävention mit den Dilemmata ihrer Praxis proaktiv auseinandersetzen. Die in diesem Artikel vorgeschlagenen Strategien zur ethischen Reflexion verbessern die Qualität suchtpräventiver Facharbeit und leisten einen Beitrag zur Entstigmatisierung von Sucht und Menschen mit einer Suchterkrankung.

Suchtpolitik in der Schweiz – zwischen Schadensminderung und Repression

Suchterkrankungen wirkten und wirken stigmatisierend. Was können wir daher aus der Vergangenheit für die Gegenwart und die Zukunft lernen? Das nachfolgende Fachgespräch thematisiert verschiedene Etappen der schweizerischen Suchtpolitik wie die Einführung der Schadensminderung und damit verbunden des Vier-Säulen-Modells, die Auflösung der Einteilung der Substanzen in illegal und legal als auch die aktuelle Debatte rund um die Cannabislegalisierung. Einigkeit herrscht, dass nur durch ein Zusammenwirken aller Angebote sowie das Einbeziehen der Betroffenen zukünftig eine integrative Versorgung gelingen kann.

Wege aus dem Stigma

Um eine stigmafreie Haltung gegenüber Suchterkrankungen in der Gesellschaft voranzutreiben, werden insbesondere Strategien in den Bereichen der Kommunikation, Empowerment und Forschung vorgestellt. Darüber hinaus werden die Erkenntnisse der psychologischen Forschung bzw. die Elemente Kontakt, Edukation und Protest miteinbezogen, um einen möglichen Weg aus der Stigmatisierung aufzuzeigen. Dabei stellt sich eine ganzheitliche Verhaltensprävention, die auf eine Gesundheitskompetenz abzielt, als genauso geeignet dar wie eine professionell gestaltete Öffentlichkeitsarbeit, die z. B. durch den Medienleitfaden FairMediaSucht erreicht werden kann.

Persönlicher Blickwinkel zur Angst vor Stigmatisierung und Diskriminierung

Ausgehend von Aussagen aus einem Interview wird in diesem Beitrag aufgezeigt, was die Angst vor Stigmatisierung und Diskriminierung für Betroffene selbst bedeuten kann. Es lässt sich folgern, dass es zentral ist, einerseits in der Familie eine angemessene Kommunikation zu finden, um den Zusammenhalt nicht zu gefährden. Andererseits ist dabei auch die Angst vor negativen Reaktionen bzw. das Bedürfnis nach Geheimhaltung zu beachten.

Europäische Online-Befragung zum Thema illegale Drogen – einige Resultate für die Schweiz

In der Schweiz existieren kaum Daten dazu, in welcher Art und welchen Mengen illegale Drogen konsumiert werden. Eine von Sucht Schweiz im Rahmen einer europäischen Studie durchgeführte Online-Befragung gibt einen Einblick in die Motive, die Beschaffung und die Konsummuster. Im Hinblick auf die anstehenden Pilotversuche mit Cannabis in den Städten wurde ein spezieller Fokus auf Cannabis gelegt.

Bilder dieser Ausgabe

«So nahe wie im Bus kommt man einem fremden Menschen selten. Einen halben Meter nur trennen mich von der vor mir sitzenden Person. Ich betrachte ihren Hinterkopf und versuche mir vorzustellen, 'wer' sie sein könnte. Mit welchen Gedanken sie in diesem Moment unterwegs ist. Welche Wünsche, Sorgen, Freuden begleiten sie? Was ist das Ziel dieser Fahrt? Wer, falls überhaupt, erwartet sie nach dem Ankommen? Die Fotografien sind in den letzten fünf Jahren auf dem Weg zu meinem Atelier in Emmenbrücke entstanden.»

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