SuchtMagazin Nr. 3/2020

Phänomenologie des Konsums

Motive zum Drogenkonsum | Zukunft der Suchtpolitik: Wir müssen weiterdenken! | Ayahuasca in Südamerika | Microdosing im Alltag | Weise Pharma-Greise | Selbstbilder & Selbstbildner | Spirituelle Erkundungen | Therapie mit Psilocybin | Psychedelika als Wirkstoff für die Psychotherapie

Die Soziale Arbeit in einer interprofessionellen Suchthilfe | Die humanökologische Perspektive für die psychosoziale Praxis | Integrative Suchthilfe als Antwort auf biopsychosoziale Probleme | Die Relevanz der Sozialen Diagnostik für nachhaltige Problemlösungen | Entstehung der Arbeitsbeziehung in der Suchtberatung |  Die soziale Dimension akuter Alkoholintoxikationen im Jugendalter |  Stellenwert der Sozialen Arbeit in der Suchthilfe und Suchtprävention

Artikel in dieser Ausgabe

Erinnern, vergessen, anpassen, ausbrechen: Drogenkonsum und seine Motive

Es gibt ähnlich viele Drogen wie Motive für ihren Konsum. Von Versuchen, tiefverborgene Erinnerungen wachzurufen bis – genau umgekehrt – zum stoffinduzierten Vergessen, vom Ziel der Anpassung an Gegebenheiten bis zum Ausbruch aus genau diesen. Die Liste ist lang. Der Beitrag streift kursorisch durch die Geschichte des Drogenkonsums, diskutiert verschiedene Motive und versucht zu zeigen, dass die zeitgenössische Verknüpfung von Droge, Gefahr und Sucht dem Gegenstand nicht gerecht wird.

Wir müssen weiterdenken!

Aus der Perspektive von Public Health, der Suchthilfe und im professionellen Tun wird der Konsum psychoaktiver Substanzen meist als potentielles Problemverhandelt. Darauf basierende Strategien pathologisieren damit jegliche Art von Konsum. Begegnen wir aus einer ausschliesslich gesundheitsorientierten Perspektive den Konsumphänomenen aber nicht sehr einseitig? Denn: Substanzkonsum ist mehrdeutig, gekennzeichnet durch Ambiguität. Viele Menschen erleben mit dem Konsum positive Wirkungen und nehmen Risiken dafür in Kauf. Gesundheit als alleiniges Kriterium guten Lebens verhindert den konstruktiven Einsatz psychoaktiver Substanzen.

Zur Leseprobe

Konsum als spirituelle Erfahrung: Ayahuasca-Tourismus in Südamerika

Der Artikel bietet einen Überblick über den Ayahuasca-Tourismus in Peru, der mittlerweile ein eigenes Genre des südamerikanischen Ayahuasca-Schamanismusdarstellt und diesen seit nunmehr drei Dekaden verändert. Als wichtigstes Fazit touristischer Ayahuasca-Retreatteilnehmer werden verbesserte Lebensqualität, introspektive Einsichten in die eigene Person sowie spiritualitätsbezogene Relevanz genannt. Ihre Ansprüche und subjektiven Bedeutungen unterscheiden sich von denen einheimischer Klienten von Ayahuascaschamanen.

Psychedelic Microdosing: Hintergründe, Motive und Risiken

Die Einnahme winziger Mengen LSD, Psilocybin und anderer psychedelischer Substanzen soll zu erhöhter Produktivität und Kreativität im Alltag beitragen. Selbst die Behandlung von Depressionen und Ängsten, sowie Migräne und Clusterkopfschmerzen wird aufgrund zahlreicher positiver Berichte zunehmend von der Wissenschaft untersucht. Doch auch Berichte über negative Effekte wie Unruhe, Stimmungsschwankungen und Schlafprobleme treten vermehrt zu Tage.

Langzeiterfahrungen mit Psychedelika und Empathogenen

Wer mit gebührender Vorsicht, mit einer klaren Absicht und in einem sicheren Setting bewusstseinsverändernde Substanzen konsumiert, kann dies über Jahrzehnte tun, ohne dass seine oder ihre Gesundheit darunter leiden würde. Auf diesen Befund weisen neun Tiefeninterviews mit Personen im Alter zwischen 53 und 73 Jahren hin. Menschen im fortgeschrittenen Alter scheinen im Weiteren befähigt, ihre spirituell-mystischen Erfahrungen mit Psychedelika und Empathogenen gut in ihren Alltag integrieren zu können.

Weise Pharma-Greise

Der Text zum Thema Konsumkompetenz erschien zuerst in Kursbuch 128 (1997): 142-149. Der Abdruck im SuchtMagazin 3/2020 erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Studios und Archiv Paul Parin und Goldy Parin-Matthèy.Der Text wird erneut abgedruckt werden in der Paul Parin Werkausgabe Band 12 «Das Bluten aufgerissener Wunden. Psychoanalyse, faschistische Ideologie und Krieg in Europa. Schriften 1992 – 1997». Diese Publikation erscheint 2021 im Mandelbaum Verlag Wien.

Behandlung mit Psilocybin bei PatientInnen mit Alkoholabhängigkeit

Die Anwendung von Psychedelika im therapeutischen Rahmen ist keine neue Idee. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurde mehrmals gezeigt, dass LSD eine vielversprechende Wirkung auf die Therapie von Suchterkrankungen hat. Die Forschung mit Psychedelika wurde in den letzten Jahren wieder aufgenommen. An der PUK Zürich wird derzeit der therapeutische Nutzen von Psilocybin in der Therapie von Alkoholabhängigkeit untersucht mit dem Ziel, Fragen zu klinischen Wirkmechanismen dieser Substanz zu klären.

Selbstbilder und Selbstbildner

Wenn es um Bodybuilding und intensiv betriebene Fitness geht, dreht sich die medienöffentliche Diskussion oft um den Konsum illegaler leistungssteigernder Substanzen (Doping) und um negativ konnotierte nichtstoffliche Abhängigkeit (Narzissmus). Weniger präsent ist, dass Bildkonsum im wertneutralen Sinne ein wesentlicher Bestandteil der Körperkulturen der Gegenwart ist. Bilder fungieren als Katalysatoren von Selbstoptimierung und Selbsttransformation. Somit können bildwissenschaftliche Ansätze helfen, Fitness und Bodybuilding jenseits wertender Kritik besser zu verstehen. Auch die Struktur des Gyms als Addictive Design verdient mehr Aufmerksamkeit, handelt es sich doch um einen Raum der Ordnung und des Rituals.

Psychedelika als Wirkstoff für die Psychotherapie von Traumafolgestörungen und Suchterkrankungen

Seit ein paar Jahren finden Psychotherapieverfahren, bei denen punktuell Psychedelika zum Einsatz kommen, grosses Interesse in Forschung und klinischer Anwendung. Psychedelika sind Substanzen, welche einen tiefen veränderten Wachbewusstseinszustand hervorrufen. Gerade auch für die Behandlung von Traumafolgestörungen und Suchterkrankungen scheinen diese Verfahren – substanzassistierte Psychotherapie genannt – in vielen Fällen erfolgversprechende Perspektiven zu eröffnen. Das Suchtpotential dieser Substanzen – mit Ausnahme von MDMA – ist zu vernachlässigen; dennoch stellt die Psychedelika-induzierte Erfahrung sowohl PatientInnen wie auch TherapeutInnen vor grosse Herausforderungen.

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