SuchtMagazin Nr. 1/2018

Human Enhancement

Optimierung von der Wiege bis zur Bahre | Enhancement und Wettbewerb | Schönheitsoperationen und Ethik | Enhancement im Alter | Schadensminderung und Prävention | Verfehlte Gesundheit im Zeitalter von «Big Data» | Pharmakologisches Enhancement | Zwischen Selbstsorge und Selbstoptimierungszwang || Ambulante Alkoholbehandlung | Fazit. ForschungsSpiegel von Sucht Schweiz

Artikel in dieser Ausgabe

Human Enhancement: Technische Optimierung von der Wiege bis zur Bahre

Human Enhancement, die Verbesserung menschlicher Fähigkeiten, ist seit jeher menschliche Lebenspraxis. Durch Fortschritte in Medizin, Biotechnologie und Informationstechnologie sind immer neue Interventionen realisier- und greifbar, die die körperliche Erscheinung und Funktion, Kognition, Emotion und das Verhalten über das genuin Menschliche hinaus verändern können. Dieser Beitrag diskutiert, was Human Enhancement ist, systematisiert das Spektrum der Möglichkeiten und umreisst zukünftige Fragen.

Die verfehlte Gesundheit im Zeitalter von «Big Data»

Der Mensch wird vermessen. Und viele Menschen vermessen sich selbst: Sie tun es ganz freiwillig. Die tragbaren Wunderdinger am Handgelenk messen ihren Puls und ihren Kalorienverbrauch, sie registrieren ihre Schlafphasen und zählen ihre Schritte. Als Resultat wird ein umfassendes Bild über den eigenen Gesundheitszustand versprochen, ergänzt um ganz persönliche, massgeschneiderte Tipps zum «enhancement», zur weiteren Steigerung der Gesundheit. Bloss: Gesundheit ist möglicherweise etwas anderes als das, was in diese Datenberge hineininterpretiert wird. Ein Essay.

Technisch unterstütztes Enhancement im Alter

Wollen wir nicht alle gesund altern? Dieser Wunsch kann als einfache Frage verstanden – oder aber als sozialer Druck wahrgenommen werden. Denn er entspricht dem, was unsere Leistungsgesellschaft von uns fordert. Human Enhancement ist deshalb auch für die Gerontologie ein wichtiges Thema. Dieser Beitrag richtet den Blick auf die Potenziale einer technisch unterstützten Gesundheitsvorsorge durch Wearables und zeigt auf, wie selbsterhobene Daten für die Forschung zunehmend relevant werden.

Zur Leseprobe

«Konform, aber eine Spur besser sein» – Schönheitsoperationen und Ethik

Schönheitsoperationen können diverse Gründe und Ziele haben und werden von Menschen aller Bevölkerungsgruppen in Anspruch genommen. Wenn es um eine reine Optimierung des Aussehens geht, werden solche Operationen skeptisch betrachtet. Andererseits besteht ein zunehmender gesellschaftlicher und ökonomischer Druck, bestimmte Angleichungen vorzunehmen. Sich diesem Druck zu widersetzen – als Mitglied der Gesellschaft, aber auch als ausführende Ärztin – bedeutet einen Akt der Zivilcourage, der Selbstkonturierung und Verantwortungsübernahme. Diese sind wichtige Voraussetzungen für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft.

Enhancement und Wettbewerb aus rechtlicher Perspektive

Leistungssteigernde Hilfsmittel oder Methoden werden oftmals dazu verwendet, sich einen Vorteil gegenüber KontrahentInnen oder MitbewerberInnen zu verschaffen. Obwohl die Anwendung dieser Mittel oder Methoden offensichtlich den Wettbewerb verzerrt und sich die Frage stellt, ob damit gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstossen wird, wird dieses Gesetz bis jetzt bei Enhancement grundsätzlich nicht angewendet.

Pharmakologisches Neuro-Enhancement mit Psychostimulanzien

Pharmakologisches Neuro-Enhancement beschreibt den Versuch, geistige Fähigkeiten mit Hilfe von psychoaktiven Substanzen – insbesondere mit Psychostimulanzien – zu steigern. Während das Phänomen in den Quellen aus der Mitte des 20. Jh. primär noch mit Kriegsführung oder Showgeschäft verbunden war, scheint heute der Wunsch nach verbesserten Hirnfunktionen auch in der modernen Leistungsgesellschaft angekommen zu sein. Der Einsatz von Psychostimulanzien zum «Hirndoping» ist jedoch mit teilweise schwer einschätzbaren Missbrauchs- und Abhängigkeitspotentialen verbunden.

Neuro-Enhancement: Schadensminderung, Prävention, Regulierung

Neuro-Enhancement wird meist verurteilt, ohne individuelle Unterschiede der Wirksamkeit und Konsummuster adäquat zu berücksichtigen. Entsprechend entfällt auch die höchst relevante Diskussion betreffend Schadensminderung, um Häufigkeit, Dosis und Mischkonsum zu reduzieren. Attraktive zielgruppenspezifische Präventionsprogramme für Schulen, Universitäten und Betriebe sollen einen gesunden Umgang mit Stress fördern, um anstelle von zusätzlichen Regulierungen auf transparente Kommunikation zu setzen.

Zwischen Selbstsorge und Selbstoptimierungszwang

Traditionelle Männlichkeitsnormen vermitteln ein instrumentelles Körper und Gesundheitsverständnis. Das macht «Body Enhancement» für Jungen und Männer in besonderer Weise verführerisch. Reinhard Winter und Markus Theunert loten im Fachgespräch die Spannungsfelder zwischen dem Willen zur Selbstsorge und dem Zwang zur Selbstoptimierung aus.

Ambulante Alkoholbehandlung wirkt

Die Ergebnisse dieser multizentrischen Studie zur Wirksamkeit ambulanter Alkoholbehandlung im Kanton Zürich zeigen bei 74% der KlientInnen ein Jahr nach Behandlungsende einen geringeren Alkoholkonsum als bei Eintritt. Unter KlientInnen mit problematischem Alkoholkonsum bei Eintritt hatten 12 Monate nach Austritt 57% einen nicht-problematischen Konsum. Ein geringerer Alkoholkonsum bei Eintritt und ein planmässiger Behandlungsabschluss konnten einen nicht-problematischen Konsum 12 Monate nach Austritt vorhersagen.

Nicht-medizinischer Gebrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten bei jungen Männern in der Schweiz

Insbesondere im nordamerikanischen Raum mehren sich die Hinweise, dass der nicht-medizinische Gebrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten, also ein Gebrauch anders als von der Verschreibung indiziert, zu einem zunehmenden Public-Health-Problem wird. Insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist der nicht-medizinische Gebrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten inzwischen nach dem Konsum von Alkohol, Tabak und Cannabis der prävalenteste Gebrauch psychoaktiver Substanzen. Abgesehen von der Cohort Study on Substance Use Risk Factors (C-SURF) gibt es in der Schweiz zu diesem Phänomen kaum Daten. Das vorliegende Fazit fasst verschiedene Ergebnisse der Längsschnittstudie C-SURF bei jungen Schweizer Männern zu diesem Thema zusammen.

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