SuchtMagazin Nr. 4/2017

Alkohol

Jugend & Alkohol | Industrialisierung | Definitionen, Richtlinien & Empfehlungen | Zielgruppen erreichen | Nationale und kantonale Alkoholpolitik | Präventionskampagnen & Alkoholwerbung auf Social Media | Medikamente gegen Alkoholabhängigkeit | Kosten-Nutzen-Analyse ambulanter Alkoholbehandlungen

Artikel in dieser Ausgabe

Jugend und Alkohol

Die leichte Verfügbarkeit des Alkohols in Mitteleuropa ist eine der zentralen Ursachen für die hohe Verbreitung des Rauschtrinkens im Jugendalter. Die Reduzierung der Verfügbarkeit des Alkohols über höhere Preise, Anhebung des legalen Bezugsalters sowie Einschränkungen des Verkaufs sind zentrale Massnahmen einer evidenzbasierten Alkoholkontrollpolitik. Die Laissezfaire-Einstellung der Gesellschaft, auch vieler Eltern, steht einer wirksamen Prävention des Rauschtrinkens im Jugendalter entgegen.

Alkohol an der Schwelle zum Industriezeitalter

Die Anfänge der Industrialisierung führten zu komplexen Prozessen, die weite Teile des Alltags transformierten. Dies wird am Beispiel der Ernährung und gerade auch des Alkoholkonsums besonders deutlich. Erzählungen über massloses Trinken und Elendsalkoholismus hatten damals Konjunktur. Aber im Alltag offenbart sich doch ein deutlich komplexeres Bild. Die Menge des Alkoholkonsums hing vielmehr primär vom Beruf ab, und die Frage nach dem Geschlecht spielte eine ganz zentrale Rolle.

Alkoholkonsum: Begriffe, Definitionen, Richtlinien und Empfehlungen

Unterschiedliche Formen des Alkoholkonsums werden mit einer langen Reihe von Begriffen bezeichnet, welche jeweils einen Bezug zum assoziierten Risiko herstellen sollen. Das zugrundeliegende Verständnis ist jedoch uneinheitlich, was sich in den entsprechenden Konsumempfehlungen und Richtlinien widerspiegelt. Die Harmonisierung der Definitionen und Richtlinien wird auf internationaler Ebene aktuell angestrebt und eine Anpassung der schweizerischen Orientierungshilfe und Kommunikation steht bevor.

Zur Leseprobe

Nationale Alkoholpolitik: Rückblick und Ausblick

Einen für sich selbst und für die Gesellschaft schadlosen Alkoholkonsum – diese Vision verfolgte das Nationale Programm Alkohol (NPA), das von 2008 bis 2016 umgesetzt wurde. Im Rahmen der gesundheitspolitischen Agenda Gesundheit2020 überführte der Bundesrat das NPA in die neuen Strategien Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD). Gemeinsam mit den Akteuren der Alkoholprävention wird die Arbeit des NPA weitergeführt mit dem Ziel, die Kompetenzen der Menschen im Umgang mit Alkohol zu stärken und den Alkoholmissbrauch einzudämmen. Denn Alkoholmissbrauch betrifft alle – und von einer wirkungsvollen Prävention profitiert die ganze Gesellschaft.

Alkoholpolitik in den Kantonen

Mit dem Scheitern der Revision des Alkoholgesetzes 2015 und dem Ende des Nationalen Programms Alkohol (NPA, 2008-2016) sind für die Kantone wichtige Vorgaben für ihre kantonalen Alkoholpolitiken weggefallen. Am Beispiel von St. Gallen und Solothurn wird in einem Gespräch aufgezeigt, wie die Kantone damit umgehen. Wichtig wird u. a. die Erarbeitung und Implementierung kantonaler Gesetze, um z. B. Testkäufe mit Sanktionsmöglichkeiten zum Jugendschutz und Werbeverbote durchsetzen zu können. Als Ersatz für das nationale Programm werden eigene Präventionsprogramme erarbeitet, wobei die neue Nationale Strategie Sucht Impulse und Legitimation für eine suchtübergreifende Ausgestaltung gibt. Eine wichtige Rolle müsste der Bund weiterhin beim Suchtmonitoring und bei der wissenschaftlichen Evaluation von Präventionsansätzen spielen, deren Finanzierung die Möglichkeiten der Kantone übersteigt.

Zielgruppen besser erreichen: Prävention und Beratung in der Pflicht

In der Schweiz trinken rund eine Million Menschen zu oft oder zu viel Alkohol. Diese Menschen werden von Prävention und Beratung nicht oder zu wenig wirksam erreicht. Dabei sind die Anforderungen für erfolgsversprechende Zugänge hinreichend bekannt: Angebote aufsuchend und webbasiert ausrichten, Zielgruppen beteiligen, Schlüsselpersonen aktivieren. Es ist an der Zeit, diese Erkenntnisse konsequent umzusetzen.

Präventionskampagnen auf Social Media: Praxisempfehlungen

Obwohl Soziale Netzwerke stetig an Bedeutung gewinnen, gibt es kaum Beispiele von erfolgreichen Präventionskampagnen auf Facebook, Instagram und Co. Im Rahmen einer Masterarbeit hat das Blaue Kreuz Grundlagen zur Entwicklung und Gestaltung erarbeiten lassen, diese wurden anschliessend in einer Pilotkampagne umgesetzt. Es zeigte sich, dass Soziale Netzwerke durchaus für die Kampagnenführung geeignet sind. Allerdings zeigen die Erfahrungen des Blauen Kreuzes, dass dafür profunde Kenntnisse der verwendeten Plattformen und ein breites technisches Know-how von Nöten sind.

Alkoholwerbung in sozialen Medien

Mit dem Aufkommen des Internets und insbesondere der sozialen Medien als Werbeplattform entstand für Werbetreibende ein ganz neuer Zugang zu ihrem Zielpublikum, welcher zunehmend in die Marketingstrategien eingebunden wird. Onlinewerbung ist nicht zuletzt dank der von BenutzerInnen selber erstellten Inhalte wirksam. Diese neuen Formen des Marketings stellen Regulierungsbehörden und die Prävention vor neue Herausforderungen.

Medikamente gegen Alkoholabhängigkeit: Abstinenzerhalt und Trinkmengenreduktion

Die negativen sozialen, seelischen, körperlichen und gesamtgesellschaftlichen Folgen der Alkoholabhängigkeit sind immens, die Behandlungserfolge verbesserungswürdig. Der Einsatz von Medikamenten zur Aufrechterhaltung der Abstinenz nach einer Entzugsbehandlung sowie zur Trinkmengenreduktion wird kritisch diskutiert. Im Folgenden sollen das Für und Wider des Einsatzes von Medikamenten in der Langzeittherapie der Alkoholabhängigkeit sowie die aktuelle Datenlage zu den zur Verfügung stehenden Medikamenten dargestellt werden.

Kosten-Nutzen-Analyse ambulanter Behandlungen bei Alkoholabhängigkeit

Ambulante Alkoholberatungsstellen sind daran interessiert, ihre Angebote bezüglich deren Wirksamkeit zu überprüfen und – wo möglich – auch Kosten- Nutzen-Analysen einzusetzen. Eine erstmals im deutschen Sprachraum durchgeführte Kosten-Effektivitätsstudie mit einer Nachuntersuchung ein Jahr nach Behandlungsabschluss ergab, dass eine Diskrepanz zwischen einer deutlichen Reduktion der Alkoholproblematik und einem eher geringfügigen Rückgang bei den Behandlungs- und Arbeitsabsentismuskosten bestand. Die Mitberücksichtigung dieser Folgekosten führt zu einer breiter abgestützten Basis für Schlussfolgerungen.

Finanzielle Anreize für den Rauchstopp bei Schwangeren – Effiziente Gesundheitsförderung oder schlechtes Investment?

Die Schwangerschaft ist ein zentraler Moment in der Entwicklung des Kindes und entsprechend anfällig ist das noch ungeborene Kind auf Einflüsse wie etwa den Tabakkonsum seiner Mutter. Trotz der allgemein bekannten Risiken des Rauchens und der oft hohen Bereitschaft gelingt nicht allen schwangeren Frauen ein Rauchstopp. Eine Studie aus Schottland zeigt, dass finanzielle Anreize die Chancen für einen solchen Rauchstopp erhöhen können: Die Aussicht auf einen Rauchstopp war grösser, wenn den Frauen zusätzlich zur Standardbehandlung ein Gutschein zugesichert wurde, wenn sie nachweislich während der Schwangerschaft auf den Tabakkonsum verzichteten. Die praktische Umsetzung einer derartigen Massnahme im grossen Stil sieht sich jedoch mit Herausforderungen konfrontiert, etwa was die Akzeptanz der Massnahme betrifft, ihre Finanzierung sowie ethische Bedenken.

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