SuchtMagazin Nr. 4/2016

Internationale Suchtpolitik

Internationales Drogenkontrollsystem | UNGASS 2016 | Cannabis | Interaktion von Regierung und Zivilgesellschaft | Unstete Entwicklung von Drogenpolitiken | Internationale Rahmenbedingungen der Schweizer Suchtpolitik | Nachhaltige Entwicklung | Alkoholregulierungen im Vergleich | Selbstregulierung der Alkoholindustrie

Artikel in dieser Ausgabe

Das internationale Drogenkontrollsystem: Ursprung und jüngste Entwicklungen

Für kaum ein internationales Abkommen haben sich die unterzeichnenden Staaten so einhellig und beharrlich eingesetzt wie für die drei aufeinanderfolgenden Abkommen der Vereinten Nationen zur Drogenkontrolle. Der dadurch für über ein halbes Jahrhundert geltende repressive Ansatz wird jedoch in letzter Zeit mehr und mehr in Frage gestellt. Einige Eckpfeiler dieses Systems – insbesondere was dessen Entwicklung über die letzten zwei Jahrzehnte angeht – erlauben es, die aktuellen Kontroversen in der Drogenpolitik besser zu verstehen. Die Einstimmigkeit, mit der das prohibitionistische Modell und der «Krieg gegen Drogen» verfochten wurde, ist seit dem Ende des 20. Jahrhunderts ins Wanken geraten.

UNGASS 2016: Gebrochener oder breiter Konsens?

Die Sondersession der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom April 2016 brachte eine immer grösser werdende Diskrepanz in der internationalen drogenpolitischen Landschaft zum Vorschein. Schwierige Verhandlungen resultierten in einem enttäuschenden Schlussdokument, das den silohaften drogenpolitischen Ansatz innerhalb der UNO wiederspiegeln. Es besteht die klare Notwendigkeit, die internationale Drogenpolitik der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung anzupassen, wobei das Drogenproblem in die drei Pfeiler der UNO – Entwicklung, Menschenrechte, Frieden und Sicherheit – eingebettet wird. Der Prozess, welcher zur Sondersession führte, öffnete die Türe für weitere substantielle Änderungen in naher Zukunft, v. a. für die UNO-Überprüfung im Jahr 2019.

Nachhaltige Entwicklung als Chance für die Drogenpolitik

Die UNO misst den Erfolg ihrer internationalen Drogenpolitik heute mehr schlecht als recht. Die Umsetzung der Anfang 2016 in Kraft getretenen Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) – die sich teilweise direkt, teilweise indirekt auch auf drogenpolitische Herausforderungen beziehen – wird Möglichkeiten eröffnen, eine ganzheitlichere Perspektive auf die Drogenpolitik zu entwickeln. Es ist an der internationalen Staatengemeinschaft, diese Chance zu nutzen.

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Cannabis: Rolle und Konsequenzen der internationalen Drogenpolitik

Im April 2016 fand die dritte ausserordentliche Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGASS) zur Drogenpolitik statt. An der Versammlung sollte über den Vorrang von gesundheitspolitischen vor repressiven Massnahmen diskutiert werden. Hintergrund der UNGASS bildeten aber auch die Legalisierung von Cannabis in Uruguay und mehreren US-amerikanischen Staaten, die einen klaren Bruch mit den internationalen Abkommen darstellt. Zwar sind Reformbemühungen sichtbar, aber das internationale System tut sich schwer, den wachsenden Spannungen, die sich aus dem Auseinanderdriften lokaler Politiken und den geltenden Abkommen ergeben, Rechnung zu tragen.

Interaktion von Regierung und Zivilgesellschaft in der Drogenpolitik

Kooperationen zwischen öffentlichen Einrichtungen und Organisationen der Zivilgesellschaft im Bereich der Drogenpolitik sind oftmals Hindernissen ausgesetzt, die ihre Umsetzung und erfolgreiche Durchführung erschweren. Oftmals sind der Dialog und die Fähigkeit zu kooperieren dadurch eingeschränkt. Die Pompidou-Gruppe des Europarats zeigt Möglichkeiten auf, wie zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen in beiderseitigem Interesse weiterentwickelt werden kann.

Warten auf Godot. Zur unsteten Entwicklung von Drogenpolitiken

Der vergleichende Blick auf Drogenpolitiken lässt erkennen, dass sich die meisten Lösungen weiterhin an psychoaktiven Produkten orientieren und nicht an der Frage, wie mit Drogen in einer lernfähigen Gesellschaft umzugehen und welche Regulierungsmodelle angebracht wären. In diesem Artikel skizzieren wir Drogenpolitiken verschiedener Staaten und zeigen, dass Reformen nicht ausserhalb konkreter Kontexte und moralischer Orientierungen gedacht werden können.

Internationale Rahmenbedingungen der Schweizer Suchtpolitik

Internationale Organisationen beschäftigen sich mit Drogen, Alkohol und Tabak. In den letzten Jahren hat die Staatengemeinschaft diverse Strategien und Empfehlungen zu den jeweiligen Substanzen erarbeitet und es besteht bindendes Recht. Die Schweiz hat diverse Strategien, wie die nationale Politik international vertreten oder die internationalen Strategien und Empfehlungen national umgesetzt werden sollen.

Alkoholregulierungen im Vergleich

Suchtpolitische Massnahmen können einerseits auf die Reduzierung der Nachfrage nach dem «Kulturgut» Alkohol, andererseits aber auch auf die Reduzierung des Angebots alkoholischer Getränke abzielen. Zentrale Elemente einer evidenzbasierten Alkoholkontrollpolitik umfassen Regelungen zur Verringerung der Verfügbarkeit, Erhöhung des Preises, Werbeeinschränkungen sowie Aufklärung der Bevölkerung. Eine strikte Alkoholkontrollpolitik ist mit einem verringerten Konsum in der Bevölkerung assoziiert, welcher eine Reduktion gesundheitsbezogener Risiken des Alkoholkonsums nach sich ziehen kann. Der wesentliche Gegenspieler ist die international tätige Alkoholindustrie, die in erster Linie ihren Aktionären und nicht dem Allgemeinwohl verpflichtet ist.

Selbstregulierung der Alkoholindustrie

Alkoholmarketing ist eine heikle Sache, denn hier stehen wirtschaftliche Interessen mit immensen Profitmöglichkeiten gesundheitspolitischen Interessen diametral gegenüber. Das Selbstregulierungsversprechen der Industrie stellt eine versöhnliche Lösung in Aussicht. Aber wird dieses Versprechen auch eingelöst? Ein Blick auf die Funktionsweise der Selbstregulierung und auf Forschungsarbeiten zur Wirksamkeit derselben zeigt, dass dies sehr zweifelhaft ist und die öffentliche Gesundheit durch ökonomische Interessen und mit subtilen Methoden in den Hintergrund gedrängt wird.

Was kleine Kinder über Alkoholkonsum wissen

Während sich die Alkoholforschung bisher auf das Jugendalter konzentriert hat, in welchem normalerweise der Einstieg in den Alkoholkonsum erfolgt, deuten erste Untersuchungen aus Grossbritannien und den Vereinigten Staaten darauf hin, dass die Ursachen des Alkoholkonsums und anderer gesundheitsschädigender Verhaltensweisen bereits in der frühen Kindheit zu finden sind. Die Ergebnisse der hier vorgestellten schweizerischen Studie zeigen, dass bereits Dreijährige wissen, dass zumindest einige der erfragten Getränke Alkohol enthalten und dass diese nicht für Kinder geeignet sind. Das Wissen über alkoholbezogene Normen, d. h. wer in der Regel zu welchem Anlass Alkohol trinkt, scheint sich hingegen erst ab dem Alter von fünf Jahren zu entwickeln. Die Studie verdeutlicht, dass erste Auseinandersetzungen mit der Substanz Alkohol bereits im frühen Kindesalter stattfinden, und damit deutlich früher als dies bisher angenommen wurde.

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