SuchtMagazin Nr. 2/2016

Sterben und Tod

Lebensende in der reflexiven Moderne | Mediale Inszenierung des berauschten Todes | Trauerarbeit auf der Gasse | Palliative Care im Migrationskontext | Lebensende in der Psychiatrie | Gutes Sterben in der Substitutionsbehandlung | Psychotherapie mit psychoaktiven Substanzen | Sterben im Justizvollzug | Forschungsspiegel Sucht Schweiz

Artikel in dieser Ausgabe

Riskantes Sterben – das Lebensende in der reflexiven Moderne

Heute, in der fortgeschrittenen, sogenannten reflexiven Moderne stirbt man nicht mehr «einfach so», sondern wird entlang der Leitvorstellung des sogenannten «guten» Sterbens «sterben gemacht». Und gerade weil Sterben nicht mehr einfach so «geschieht», wird das «gemachte» Sterben zunehmend riskanter – mit der Folge: Die Frage nach sozialer Ungleichheit am Lebensende wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Die mediale Inszenierung des berauschten Todes

In diesem Text gehen wir der Frage nach, wie sich in den letzten Jahrzehnten der mediale Umgang mit dem berauschten Tod verändert hat. Dabei dienen Beispiele eklatanten Sterbens von Persönlichkeiten als Hinweise für den Wandel des gesellschaftlichen Umgangs mit Drogen. Von der öffentlichen Verdrängung des Drogentods bis hin zu dessen Heroisierung und Normalisierung zeigen wir, wie sich Wahrnehmungen schlicht epochalem Wandel anpassen.

Zur Leseprobe

Chancengleiche Palliative Care im Migrationskontext?

In der Schweiz ist die migrationssensitive kurative medizinische Versorgung bereits gut aufgearbeitet. Diese Kenntnisse könnten nun in die Entwicklung einer chancengleichen Palliative Care einfliessen. Grosse Hürden bestehen noch im Zugang und der Nutzung der Angebote, sowie in der Behandlung und Betreuung. Für speziell benachteiligte Gruppen wie Suchtkranke aus dieser Population dürften sich die vorhandenen Barrieren kumulieren.

Vom Tabu zum Muss? Das Thema «Lebensende» in der Psychiatrie

Darf man bei psychisch kranken PatientInnen vom Ende der Therapiemöglichkeiten oder von «Endstadium» sprechen oder bedeutet diese Sicht einen Tabubruch? Soll man diese Themen aktiv aufgreifen? Auf Basis von Erfahrungen aus der Ethikkonsultation wird argumentiert, dass und wann diese Themen mit PatientInnen auch in der Psychiatrie zu besprechen sind. Ansatzpunkte einer Vorsorgeplanung am Lebensende lassen sich auch in der Versorgung von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen erkennen und nützen.

Zusammenarbeit für ein gutes Sterben in der Substitutionsbehandlung

Sterben und Tod sind in der Arbeit mit älteren Suchtmittelabhängigen immer gegenwärtig. In deren Betreuung und Behandlung ergeben sich auch spezifische Themen: die Einsamkeit vieler PatientInnen, die kaum Vertrauenspersonen haben, um medizinische Entscheide mitzutragen und Sterbende zu begleiten. Oder die Gratwanderung der Fachpersonen zwischen der Respektierung der Selbstbestimmung der PatientInnen (auch bzgl. des Substanzkonsums) und fachlich-medizinischen Vorgaben. Das Aushaltenmüssen solcher Konflikte auf Seiten der Fachpersonen und das Vertrauen- und Sich-verlassen-Können auf Seiten der PatientInnen sind wichtige Themen, ebenso eine eingespielte institutionsübergreifende Zusammenarbeit.

Seelsorge und Trauerarbeit auf der Gasse

 

Psychotherapie am Lebensende mit psychoaktiven Substanzen

Bereits seit den 1960er-Jahren ist bekannt, dass eine Psychotherapie mit LSD oder anderen bewusstseinserweiternden Substanzen sich für die Behandlung der psychischen Folgen lebensbedrohender Erkrankungen eignet. In den letzten Jahren wieder ermöglichte Therapiestudien zeigen, dass sich LSD und Psilocybin zur psychotherapeutischen Begleitung in existenziell bedrohten Lebenssituationen eignen.

Sterben im Justizvollzug – Suchtmittelabhängigkeit und Todesfälle

Die Anzahl Gefangener, die im Justizvollzug alt werden und bis an ihr Lebensende hinter Gittern verbleiben, nimmt schweizweit zu. Die Betreuung von sterbenden Gefangenen wird durch die prägende Logik des Justizvollzugs (Gewahrsam, Sicherung, Resozialisierung) erschwert. Dies zeigt sich auch bei der Versorgung sterbender Gefangener, die als SuchtpatientInnen gelten.

Kurzintervention nach einer Alkoholintoxikation – was hilft?

In der Schweiz werden jährlich über 12’000 Menschen aufgrund einer Alkoholvergiftung stationär behandelt. Davon ist etwa ein Zehntel noch unter 23 Jahre alt. Insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene werden zusätzlich zur medizinischen Standardbehandlung häufig psychosoziale Kurzinterventionen am Krankenbett angeboten. Eine aktuelle Literaturübersicht zeigt, dass Kurzinterventionen mit Elementen der motivierenden Gesprächsführung einen positiven Effekt auf das Trinkverhalten und alkoholbezogene Probleme haben. Eine Studie, die im Rahmen des deutschen Präventionsprojektes «HaLT – hart am Limit» durchgeführt worden ist, kommt zum Ergebnis, dass eine zweite, anschliessende Intervention einen positiven Einfluss auf das Rauschtrinkverhalten der Teilnehmenden haben und somit eine wertvolle Ergänzung zur Kurzintervention am Krankenbett sein kann. Sucht Schweiz hat zusammen mit ExpertInnen Empfehlungen für Fachleute aus dem Gesundheitsbereich, Spitalleitungen und für die Politik ausgearbeitet.

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